Sinnvoll und notwendig ist, sich noch einmal in Erinnerung zu rufen, dass am Anfang und noch vor der letzten Kommunalwahl der CDU – Antrag auf Anschaffung bzw. später auf Prüfung einer Anschaffung mobiler Raumluftfilter für alle Schulklassen gestanden hat. Die Ampelfraktionen haben den Antrag abgelehnt. Sie haben seinerzeit insbesondere vertreten, es gebe noch keine Erfahrungswerte in Bezug auf den Einsatz solcher Geräte, soweit erkennbar, sei ihre Wirksamkeit nicht erwiesen. Wirksamer sei das Lüften der Klassenräume durch regelmäßiges Öffnen der Fenster. Eine Unterkühlung der Räume wurde bagatellisiert. Um die erforderliche Lüftungsfrequenz sicherzustellen, wurde in einem späteren Beschluss auf Initiative der Ampel – Fraktion die Anschaffung sogenannter CO2 – Ampeln beschlossen.
Die Anschaffung der von uns vorgeschlagenen Raumluftfilter wurde im Hinblick auf das geschätzte Kostenvolumen von rund 1 Million € als wesentlich zu hoch angesehen. Die mit dem Betrieb solcher Anlagen einhergehenden Energiekosten seien vor dem Hintergrund notwendiger Energieeinsparungen unvertretbar. Im Übrigen werde die Pandemie ohnehin bald vorbei sein und auch im Hinblick hierauf sei die von uns vorgeschlagene Anschaffung unverhältnismäßig.
Die öffentliche Meinung war gegenteilige Auffassung, zahlreiche Nachfragen insbesondere auch von betroffenen Eltern aus der Lehrerschaft haben dies gezeigt. Unüberhörbar wurde gefordert, dass im Sinne des CDU-Antrages mobile Raumluftfilter angeschafft werden sollten.
Dies konnte die Ampel nicht ignorieren.
In Reaktion auf unseren Antrag hat die Ampelfraktion die Anschaffung der nun in Rede stehenden dezentraler Lüftungsgeräte (RLT – Anlagen) beantragt und ist damit scheinbar weit über die von uns vorgeschlagene Anschaffung mobiler Raumluftfilter hinausgegangen. Da wir uns mit unserem Antrag auf Anschaffung mobiler Raumluftfilter nicht durchsetzen konnten, haben wir dem Antrag der Ampel insoweit zugestimmt, als es zunächst nur darum ging, Haushaltsmittel i.H.v. 700.000 € für einen Fachplaner/Sachverständigen zur Verfügung zu stellen, der auch die notwendige Beantragung von Fördermitteln vorbereiten sollte. Aufgrund einer Verwaltungsvorlage für die Ratssitzung vom 11.05.2022 hat sich dann herausgestellt, dass der ursprünglich für Planung und Einbau vorgesehene Betrag von rund 4,1 Millionen € bei weitem nicht ausreicht, vielmehr weitere erhebliche und durch Fördermittel nicht gedeckte Kosten zu erwarten sind. Die seinerzeitige Verwaltungsvorlage wurde allseits als unzureichend betrachtet. Die CDU-Fraktion und anschließend auch die FDP- Fraktion haben einen Fragenkatalog erarbeitet, zu dem zwischenzeitlich eine Beantwortung durch die Verwaltung vorliegt.
Diese Beantwortung der aufgestellten Fragen durch den Nette – Betrieb nimmt mehrfach Bezug auf eine Präsentation, deren Bekanntgabe sich allerdings mit der Erstellung der Fragenkataloge gekreuzt hat und bei der Ausarbeitung der Fragen nicht berücksichtigt werden konnte. Ganz abgesehen davon war auch die Präsentation ohne weitere Erläuterungen nicht nachvollziehbar.
Aufgrund der nun insgesamt vorliegenden Erkenntnisse kommt die CDU – Fraktion zu dem Ergebnis, dass dem Antrag nicht zugestimmt werden kann.
Diese Entscheidung ist das Ergebnis einer Abwägung folgender Umstände:
Auf der einen Seite steht das hohe Ziel, Kinder und Jugendliche sowie auch das Lehrpersonal an den Schulen vor einer Infektion mit dem Corona – Virus zu schützen.
Die Mittel zur Erreichung dieses Zieles müssen geeignet und verhältnismäßig sein.
Es darf insbesondere kein weiterer, insbesondere finanzieller Schaden verursacht werden.
Wie dem Antwortkatalog zu entnehmen ist, müssten beschlossene Maßnahmen, also die Installation von 200 bis 300 RLT – Anlagen – je nach zu beschließender Variante – bis November 2022 eingebaut sein; ansonsten würden die bewilligten Fördermittel verfallen.
In Anbetracht der ausnahmslos in allen Bereichen der Wirtschaft vorhandenen Lieferprobleme und dem Fehlen geeigneten Fachpersonals dürfte es vollkommen lebensfremd sein anzunehmen, dass die Umsetzung einer beschlossenen Maßnahme fristgerecht möglich ist. Die Auftragsbücher der Handwerker sind voll und niemand wartet darauf, endlich einen Auftrag zu erhalten. Notwendige Materialien stehen häufig nicht zur Verfügung. Soweit von Seiten der Verwaltung angegeben wird, eine beantragte Verlängerung der Umsetzungsfrist sei zwar noch nicht bewilligt, jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten, beinhaltet eine solch vage Erklärung keine Rechtsverbindlichkeit, wie sie für die Entscheidung über das hier in Rede stehende Kostenvolumen zu verlangen ist. In Anbetracht der für Baumaßnahmen aller Art mittlerweile üblichen Ungewissheit darüber, ob und wann Maßnahmen durchgeführt werden können, dürfte ein Abschluss der Maßnahmen vollkommen ungewiss sein und daher auch unsicher sein, ob die Maßnahmen im Rahmen einer etwaig verlängerten Frist vollendet werden können. Es besteht daher das erhebliche Risiko, dass kostenaufwändige Maßnahmen in einem Volumen von zu 10 Millionen € verbindlich beauftragt werden, eingeplante Fördergelder jedoch im Nachhinein entfallen. Dies würde zu einem erheblichen finanziellen Schaden der Stadt führen.
Die finanzielle Unsicherheit wird noch dadurch erhöht, dass sich auch das uns dargelegte Kostenvolumen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch weiter erhöhen wird.
Hinzu kommt, dass der Einbau der RLT – Anlagen nicht unerhebliche Eingriffe in die Bausubstanz beinhaltet. Notwendig sind Durchführungen in Fenster oder sogar in Außenmauern. Die Ausstattung aller Klassenräume mit Anlagen der hier in Rede stehenden Art wäre deutschlandweit einzigartig, so dass auf keinerlei Erfahrungssätze rückgegriffen werden kann.
Unklar bleibt aus unserer Sicht auch die Ökobilanz des Einbaus und des Betriebes solcher Anlagen. Herstellung und Einbau der Anlagen sind verbunden mit der Verwendung von umweltschädlichen und nicht dem Prinzip C2C entsprechenden Materialien. Wie die Darlegungen der Verwaltung des Weiteren zeigen, ist mit außergewöhnlich hohen Energiekosten zu rechnen, und zwar auch unter Berücksichtigung der mit den Anlagen verbundenen Wärmerückgewinnung.
Diese Bedenken können auch nicht dadurch ausgeräumt werden, dass auf die Möglichkeit der Erzeugung von Solarstrom auf Schuldächern verwiesen wird. Die letztgenannte Möglichkeit besteht ja ohnehin und ist Gegenstand der beabsichtigten Maßnahmen des Klimakonzeptes. Die auf diesem Wege beabsichtigten Maßnahmen zur Erreichung einer Klimaneutralität würden durch die erheblichen Energiekosten konterkariert.
Die durch die Verwaltung geschätzten jährlichen Folgekosten belaufen sich insgesamt auf rund 100.000 € und stellen damit eine sehr hohe Belastung dar, deren Auswirkung auf den Haushalt nicht unterschätzt werden darf.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass Ausgangspunkt jedweder Überlegungen die Beseitigung von Viren in der Raumluft war. Dieses Ziel würde durch mobile Raumluftfilter erreicht; die RLT – Anlagen enthalten jedoch keine Virenfilter. Sie stellen lediglich eine Automatisierung des bislang manuell erfolgten Lüftens dar. Sicherlich führt auch ein regelmäßiges Lüften zu einer deutlichen Verringerung der Virenlast in der Raumluft. Ob die Effizienz jedoch derjenigen von Raumluftfiltern entspricht, darf bezweifelt werden. Der wesentliche Effekt von RLT-Anlagen ist nicht die Beseitigung einer Virenlast, sondern die Verbesserung eines Raumluftklimas durch Zufuhr von Frischluft. Zu diesem und zu keinem anderen Zweck wurden sie konstruiert. Salopp gesprochen, würden wir uns bei Durchführung der beantragten Maßnahmen die Beseitigung des Miefes, mit dem Schüler und Lehrer bereits seit Generationen leben, viel Geld kosten lassen. Die Verringerung der Virenlast wäre sozusagen nur eine positive Nebenwirkung solcher Anlagen.
Die vorgeschriebenen Unsicherheiten und Ungewissheiten und insbesondere die nicht überschaubaren finanziellen Risiken dürfen nur dann in Kauf genommen werden, wenn die Gefahren, die im Falle des Unterbleibens der Installation von RLT-Anlagen für Kinder, Jugendliche und Lehrpersonal an den Schulen drohen, wesentlich höher einzuschätzen wären als die aufgezeigten Risiken, und diese Gefahren nicht durch einfachere und billigere Lösungen beseitigt werden können.
Die Gefahren für Schüler, Jugendliche und Lehrpersonal sind jedoch nicht mehr so akut, wie sie zu Beginn der Pandemie waren. Für die meisten Schülerinnen und Schüler und erst recht für das Lehrpersonal gibt es wirksamen Impfschutz. Die Krankheitsverläufe sind deutlich abgeschwächt und die Hospitalisierungsquote nähert sich der Normalität. Das Auftreten neuer gefährlicher Mutationen des Virus ist zwar möglich, derzeit jedoch nur Spekulation. Die Gefahren sind daher verringert.
Hinzu kommt, dass die Beseitigung der Virenlast, um die es eigentlich allein gehen kann, durch die Anschaffung von Raumluftfiltern effektiv erreicht werden kann, und zwar zu einem Kostenvolumen, dass auf der Grundlage der nun vorliegenden Kostenschätzungen nur rund 10-20 % – je nach zu beschließender Variante – der Kosten für RLT – Anlagen verursachen würde. Es gäbe also auch eine einfachere und billigere Lösung.
Die Abwägung gelangt somit zu dem Ergebnis, dass die millionenschwere Anschaffung von RLT Anlagen unverhältnismäßig ist und daher nicht beschlossen werden darf.
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